Das groteske und tragische Leben des Victor Hugo, Aus dem Französischen von Irene Kuhn & Ralf Stamm, - primeira edição

Das groteske und tragische Leben des Victor Hugo, ein Werk des jungen Eugene Ionesco, verdankt seine Wiederent-deckung dem glücklichen Zufall ebenso wie dem Einsatz etli-cher »Ionescianer«. Der sechsundzwanzigjährige Autor führt uns durch die er-heiterndsten und groteskesten Episoden der ersten vierund-vierzig Lebensjahre des großen französischen Dichters der Romantik, er rollt uns seine amourösen Verwicklungen auf und enthüllt uns den großen Schmierenkomödianten. Victor Hugo in Unterhosen (in langen, bitte schön!): Als klägliche, von ihrem Flitterpfauenthron heruntergeholte Gestalt, als entmy-thisierter Gott und enttarnter Blender, als schlimme Kitschfigur, so tritt uns Victor Hugo in Eugene Ionescos Darstellung entgegen. Einerseits ein »Nationaldichter«, der hier im »besten« Licht präsentiert wird, andererseits ein junger rumänischer Kritiker, der sich in »literarischen Fingerübungen« erprobt. Etwas zu entdecken hat hier Iones¬cos Stammpublikum: Es kennt bis heute Eugene Ionesco nur als Dramatiker, Novellisten, Romancier und literarisch-politischen Chronisten. In Wirklichkeit bleibt diese sogenannte Hugoliade vor allem ein Text, vor dem die literarischen Gattungsschemata versagen, falls man es nicht vorzieht, ein halbes Dutzend Gattungen zugleich zu bemühen: Poetik-Traktat, literaturkritische Abhandlung, (Anti-)Biographie, aber genauso Roman, beziehungsweise in der Formulierung von Gelu Ionescu: »Dieser Text ist Pamphlet, Parodie und Polemik zugleich.« Wir haben es mit einem literarisch virtuosen und künstlerisch bravourösen Text zu tun. Und wir dürfen nicht vergessen: er ist unvollendet! Die mysteriöse Entstehungsgeschichte verrät uns nicht, ob der Schluß verloren ging oder niemals zu Papier gebracht wurde. Auf jeden Fall handelt es sich um einen »Vor-Extrakt« von Eugene Ionescos Kunst. Es ist eine Art antihagiographischer und satirischer »Monographie« des »monströsen Literaturpapstes« Victor Hugo.